Sonntag, 20. April 2008
"Ich heiße Gamanda Gole und bin 151 Jahre alt"
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Zu Besuch bei den Alten in den Bergen Äthiopiens

"Ich heiße Gamanda Gole und bin 151 Jahre alt"
Als die Französin Jeanne Calment 1997 starb, war sie 122 Jahre alt und gilt damit als der Mensch, der am längsten lebte. In den Bergen Äthiopiens würde sie aber wohl eher zu den Jüngeren gezählt. Dort erinnern sich Alte an Kaiserkrönungen des Jahres 1889, die sie als junge Männer erlebt haben wollen.

Von Wim Dohrenbusch, ARD-Hörfunkstudio Nairobi

Die runde Lehmhütte von Bauer Dakeba Tufa ist hoffnungslos überfüllt. Die Luft ist zum Schneiden dick, beißender Rauch erfüllt den Raum. Zu Dutzenden drängen sich Familienmitglieder um die Pritsche des alten Mannes. Der rückt ein wenig irritiert seine Brille zurecht und richtet sich mühsam auf. "Ich heiße Dakeba Tufa und bin 125 Jahre alt", stellt er sich vor. Aufstehen könne er ohne Hilfe nicht mehr, entschuldigt sich der fast zahnlose Greis. Man ist schließlich nicht mehr der Jüngste.

"Früher war alles besser", sagt Dakeba. "Da gab es hier noch Wald, da waren die Böden besser, das Vieh kräftiger, und das Essen hat besser geschmeckt." Seine junge Zweitfrau Gelgele Temele schüttelt ratlos den Kopf. "Er fragt immer nach Milch und Honig. Und ständig jammert er, dass wir uns heute nur noch Brot und Wasser leisten können", beklagt sich Gelgele. Sie ist mit 60 nicht einmal halb so alt wie ihr Mann. Dessen Erstfrau ist angeblich 105 und bewirtschaftet einen kleinen Hof weiter oben in den Duro-Bergen.

Gedächtnis statt amtlicher BeweiseDer 125-jährige Dakeba ist keineswegs eine Ausnahmeerscheinung. Hier im Shashemene-Bezirk rund 250 Kilometer südlich der Hauptstadt Addis Abeba leben die ältesten Menschen der Erde. Davon ist jedenfalls der Dorfrichter Mohammed Huluka überzeugt. "Die Zahl der mehr als Einhundertjährigen ist sehr, sehr hoch", sagt er. "Allein hier im Dorf Arsi Negele sind es rund hundert. Und in den Nachbardörfern genauso viele. Wir können sie alle besuchen." Geburtsurkunden oder andere beweiskräftige Dokumente gebe es in Äthiopien nicht, räumt der Richter ein. Aber er komme viel herum, kenne die Menschen und ihre Geschichten.

Erinnerungen an Kaiserkrönung des Jahres 1889

Zum Beispiel die von Familie Gamanda. "Ich heiße Gamanda Gole und bin 151 Jahre alt." Der Alte mit dem beigen Turban und seinem stattlichen weißen Gewand klopft mit seinem Hirtenstab auf den Lehmboden, als erlaube er keinen Zweifel. "Glauben sie’s oder nicht, aber ich kann mich daran erinnern wie Menelik II. Kaiser geworden ist. Ich bin der älteste Mensch weit und breit." Soviel ist historisch belegt: Kaiser Menelik II. hat 1889 den Thron von Äthiopien bestiegen, also vor 119 Jahren.

Insgesamt steht Gamanda dem modernen Leben aufgeschlossener gegenüber als der 26 Jahre jüngere Dakeba. "Die neue Zeit mit Autos, Telefon und Fernsehen hat schon Vorteile. Aber was nützt das alles, wenn es nichts Anständiges mehr zu Essen gibt", fragt Gamanda.

Sind Milch und Honig das Geheimnis?Bei den Urgesteinen von Shashemene dreht sich viel um das Essen. Sollte sich dahinter das Geheimnis ihres biblischen Alters verbergen? "Natürlich, es ist die Ernährung", betont der 151-jährige Gamanda. "Milch, Honig und Gerstenbrei. Alles aus eigener Herstellung." Zumindest bis zu seinem 20. Lebensjahr will sich der Mann mit den listigen Augen und dem weißen Spitzbart von nichts anderem ernährt haben. Bis heute geht er täglich eine Stunde spazieren. Aber mehr eine Stunde schafft er inzwischen nicht mehr, berichten die Verwandten.

Ob alle Altersangaben wirklich stimmen? Doktor Daniel Gidabo von der Faye-Klinik in Shashemene will seine Hand nicht dafür ins Feuer legen. Allerdings bestätigt auch der Mediziner, dass die Zahl der Über-Hundertjährigen in der Region außerordentlich hoch ist. Besonders die Leute aus den Duro-Bergen, die zwei- bis dreitausend Meter über dem Meeresspiegel liegen, sind sehr alt. "Das kühle Klima ist gesund, es gibt hier keine Malaria oder andere Tropenkrankheiten, und die Ernährung spielt sicher auch eine Rolle. Die Hundert- oder Hundertzwanzigjährigen kommen alle aus dem Hochland." Doktor Gidabo hofft, dass eines Tages Wissenschaftler in die Region kommen, um das Phänomen zu ergründen und Beweise zu liefern.

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